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Unterschiede >normales> Marketing und Marketing für Mediator:innen

Unterschiede >normales> Marketing und Marketing für Mediator:innen

Erschienen in der Spektrum der Mediation 90, Dez. 2022, beziehbar hier über den Psychosozial-Verlag.

»Normales« Marketing und Marketing von Mediator*innen. Fünf Unterschiede und was Mediator*innen »anders« machen können

Imke Trainer und Rüdiger Hausmann


Marketing von Mediator*innen funktioniert anders. Nicht gänzlich anders, aber anders genug.

Gleichzeitig verbreiten sich aktuell einige ermutigende Ansätze im Online-Marketing, die gut zur Haltung der Mediation passen. Was sind die fünf zentralen Unterschiede zwischen »normalem« und Marketing für Mediator*innen? Und wie machen wir Mediator*innen gerade in unserem Marketing die Haltung und das Versprechen der Mediation erfahrbar?


Als ich, Rüdiger, als 20-Jähriger nach Köln gezogen bin, habe ich anfangs bei Freund*innen gewohnt. Bei guten zum Glück, denn wir hatten zu dritt zwei Zimmer. Eines Tages fragte Lisa, um einen beiläufigen Ton bemüht: »Wie läuft es eigentlich mit deiner Wohnungssuche?« Meine spontane Antwort: »Es hat noch keiner angerufen!« Lisa schaute im ersten Moment ziemlich verdutzt, dann prusteten wir beide los vor Lachen. 

Was ich eigentlich sagen wollte: Dass sich auf meine frisch aufgegebene Zeitungsannonce noch niemand gemeldet hatte.

Tatsächlich gilt für die Wohnungssuche das Gleiche wie für den Aufbau eines Mediationsgeschäfts: Wir müssen handeln! Sonst ruft uns niemand an.


Marketing für Mediation lässt sich nicht einfach nach Lehrbuch abhaken, finden wir. Dafür weist das Mediationsgeschäft zu viele Besonderheiten zum gängigen Marketing auf, die wir berücksichtigen sollten. Wir verstehen Mediationsmarketing so: Wir breiten unser Beziehungsangebot aus und lassen uns so von den Menschen finden, die gerade im Konflikt sind. 

Daraus folgt auch: 

Wenn wir als Mediator*innen ein Beziehungsangebot machen, sieht das anders aus als das Beziehungsangebot von Anwält*innen oder Coaches und Coachinnen. 

Das, was dabei anders läuft, haben wir in fünf verschiedene Kategorien eingeordnet.


1. Wen wir ansprechen

Fast überall spricht Werbung eine einzelne Person an. Das gilt für Erfrischungsgetränke bis zu Verträgen zur Altersvorsorge. Aber für uns Mediator*innen ist das anders: Wir unterbreiten immer mindestens zwei Menschen auf einmal unser Beziehungsangebot. Weil diese zwei Menschen gerade zerstritten sind, haben sie unterschiedliche Sichtweisen, gegensätzliche Positionen und verschiedene Beziehungsbedürfnisse. Es fällt ihnen schwer, sich zu einigen, und das betrifft auch die Wahl der Mediatorin, des Mediators. Somit haben wir hier die gleiche Herausforderung wie in der Mediation selbst:

Wir möchten beide emotional abholen. Ohne den Eindruck zu erwecken, parteiisch zu sein. Um diesen Eindruck der Parteilichkeit zu vermeiden, versuchen wir Mediator*innen oft, uns neutral darzustellen. Und schütten damit das Kind mit dem Bade aus. 

Denn leider bleibt dabei die Emotionalität auf der Strecke – wer neutral ist, ist auch farblos, nicht greifbar und als Mensch nicht erlebbar. Erlebbar zu sein, wäre aber wichtig, um dieses Vertrauen aufzubauen: Ja, genau die*der wäre die*der Richtige für unseren Konflikt!
Menschen vertrauen ja nicht dem abstrakten Konzept Mediation oder dem Ablauf der fünf Phasen, sondern dem konkreten Menschen, der sie mediiert. Oder eben nicht. 

Die Lösung: Wir überlegen uns für jede Station in unserer Kund*innenreise, wie dieses emotionale Abholen aller Parteien bei unseren zukünftigen Mediand*innen erlebbar wird. So beschreiben wir in unseren Texten bspw. emotional die Situation, in der unsere Kund*innen stecken, wie »Die Stimmung im Team ist wieder mal auf dem Tiefpunkt. Alle schweigen sich an, obwohl es so viel zu besprechen gäbe«. Wir schreiben aber nicht weiter »Insbesondere dein*e Chef*in geht dir auf die Nerven …«, obwohl wir vielleicht einzelne Teammitglieder damit abholen würden. Nur ganz bestimmt nicht den*die Chef*in. Vielmehr möchten wir diese*n genauso für die Mediation gewinnen wie alle anderen.
Oder anders ausgedrückt: Wir gehen ganz tief ins Verstehen der Beweggründe und der Gefühle, aber nicht ins Einverstandensein mit der jeweiligen Position, dem Verhalten der einzelnen Konfliktparteien – und erwecken genau dieses allparteiliche Abholen in unseren Texten zum Leben.


2. USP

Ein klassisches Marketingthema ist die »Unique Selling Proposition«, das Alleinstellungsmerkmal unserer Dienstleistung. Die Falle, in die wir als Mediator*innen bei der Formulierung unserer USP tappen könnten, wäre in Konkurrenz zu unseren Mitbewerber*innen zu gehen. Das widerspräche aber dem Geist der Kooperation, dem wir uns verschrieben haben. 

Viel wichtiger als der Unterschied zum Mediationsbüro um die Ecke ist aus unserer Sicht, dass wir uns abheben von der bisherigen Kommunikation der Konfliktparteien. Unsere Art, über den Konflikt zu denken und zu reden, ist anders, weil wir ganz andere Ressourcen im Konflikt sehen als die Streitpartner*innen.


Das Alleinstellungsmerkmal so zu verstehen, hat weitreichende Konsequenzen für unser Marketing: Wir sind damit ganz nah bei den Bedürfnissen der Mediand*innen und ganz weit weg davon, uns vergleichen zu müssen. Vielmehr strahlen wir aus, dass wir unsere Mediationskolleg*innen wertschätzen als Mitstreiter*innen mit dem gemeinsamen Ziel, die Idee der Mediation in die Welt zu tragen.
Mit dieser Erkennbarkeit des »Wir machen es anders« übernehmen wir auch Vorbildfunktion. Wir suchen in unseren Websitetexten, Social Media-Postings, Podcasts, Videos und im direkten Gespräch nach dem Verbindenden, den Grundlagen für Zusammenarbeit und nach gegenseitigem Verständnis. 

Kurz: Unser USP ist unsere Kooperationsfähigkeit inmitten des Konfliktgeschehens.


3. Verkaufen

Manchmal fühlt sich das Verkaufen von Mediationen wie eine »verkehrte Welt« an. Viele »normale« Strategien passen nicht zur Haltung der Mediation und funktionieren nebenbei bemerkt auch nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Wie unter Punkt 2 beschrieben, verkaufen wir in Erstgesprächen ja gewissermaßen uns selbst und unsere mediatorische Haltung. Ziel ist es, dass die Mediand*innen Zuversicht schöpfen, dass sie mit unserer Begleitung im Konflikt besser dran sind als ohne uns. Also besteht das Verkaufsgespräch darin, dieses Vertrauen in uns aufzubauen. Dafür benutzen wir kein Verkaufsskript, keinen festen Ablauf. Wir nennen es einfach »Verkaufen durch Zuhören«. 

Im Detail bedeutet es: Wir geben im Gespräch eine Arbeitsprobe unseres Könnens ab, sodass unsere Gesprächspartner uns als kompetent und menschlich sympathisch erleben.
Denn nach diesen beiden Kriterien entscheidet sich der Kauf oder Nicht-Kauf von Mediation. 

Wir argumentieren dabei nicht abstrakt für Mediation, sondern beraten passgenau über die Chancen, den konkreten Konflikt beizulegen. Und wir nehmen schon hier unsere Führungsfunktion als Mediator*in wahr. Denn die künftigen Mediand*innen brauchen zu diesem Zeitpunkt viel Orientierung und wollen wissen, was sie als Nächstes tun sollen. Damit wirkt sich das Gespräch gleichzeitig positiv auf ihr Sicherheitsgefühl aus.
Was wir jedoch nicht brauchen, sind manipulative Verkaufstricks wie Verknappung (»Mein Kalender ist fast voll. Entscheiden Sie sich noch heute!«), Paketangebote (»Wenn Sie jetzt schon zehn Sitzungen im Voraus buchen, bezahlen Sie nur neun!«) oder Druckaufbau (»Was werden Ihnen Ihre Kinder später vorwerfen, wenn Sie jetzt keinen Klärungsversuch unternehmen?«). 

Wir verkaufen über Gelassenheit und fachliche Kompetenz und vertrauen unseren Kund*innen, dass sie für sich die besten Entscheidungen treffen.
Verkaufen von Mediation funktioniert über fast schon paradoxe Interventionen wie Gelassenheit und Selbstverantwortung.


4. Integrität

Unsere ethische Integrität als Mediator*in steht im Zentrum unseres Handelns. Wir stehen diesbezüglich unter stetiger Beobachtung, ob wir die Prinzipien und Werte der Mediation selbst mit Leben füllen. Dies wurde mir, Imke, einmal in einem Vorgespräch sehr bewusst: Ich hatte gerade gegenüber einer Interessentin freundlich abgelehnt, eine ausschließlich für sie vorteilhafte Zahlungsweise zu akzeptieren, und dabei auf die Auswirkungen auf ihren Konfliktpartner verwiesen. Da rief sie spontan und ernstgemeint aus: »Ach Gott, daran hatte ich gar nicht gedacht, wie mein Konfliktpartner das auffasst, das ist ja ein tolles Gespräch und dann haben sie noch so hohe moralische Standards!«

Da wir als Mediator*innen unter anderem Firmen dabei helfen, im Umgang mit ihren Mitarbeitenden ethische Kriterien zu befolgen, dürfen wir selbst unsere ethischen Grundlagen hoch hängen und aktiv darauf Bezug nehmen. Diese Kriterien verantwortungsbewussten Handelns sollten wir auch und gerade in unserem Marketing sichtbar machen.

Das Prinzip, das dabei für uns Mediator*innen leitend ist, lässt sich als »Practice what you preach« zusammenfassen. Es besagt, dass wir im Konfliktfall selbst Mediation in Anspruch nehmen, unseren Mediand*innen keine unerfüllbaren Versprechungen machen und zu unseren »Fehlern« stehen. Schütteln Sie gerade mit dem Kopf ob dieser Selbstverständlichkeiten? Unsere Wahrnehmung ist, dass viele Mediator*innen ihre Integrität als selbstverständlich erachten und darüber wenig kommunizieren. Und diese Chance auch in der Dialoggestaltung mit Kund*innen ungenutzt lassen. Und wenn von Integrität die Rede ist, dann häufig abstrakt und wenig nahbar als Leitbild auf der Website.
Uns Mediator*innen mag diese ethische Haltung selbstverständlich vorkommen. Für Menschen, die in Konflikten feststecken, ist das nicht so: Sie erleben ihre Umwelt momentan nicht als fair, sondern als ungerecht, gemein, manipulativ und nicht vertrauenswürdig. 

Unser ethisches Handeln gibt Schutz. Lassen Sie es erkennbar werden. In der Regel erkennen die Konfliktparteien den Wert dieses «sicheren Hafens« an.


5. Spaß und Selbstvertrauen

Marketing, das funktioniert, macht Spaß. Aber wenn es keinen Spaß macht, wird es nicht funktionieren, egal wie viel Mühe wir uns geben. Manche von uns, wie ich, Rüdiger, haben gleich zwei Herausforderungen zu bewältigen: Nicht nur Marketingmaßnahmen zu finden, die ihnen Spaß machen, sondern auch eine psychologische Hypothek. Ich spreche von der Angst vor Ablehnung und Zurückweisung. Wenn wir uns, wie zuvor angesprochen, am Ende selbst verkaufen, erleben wir im Falle einer Absage der Mediation die Ablehnung unserer Dienstleistung schnell als Ablehnung unserer Person. 

Das fühlt sich nicht nur schlecht an, sondern führt unwillkürlich zu Vermeidungsverhalten: Aus Angst vor Ablehnung gehen wir nicht so sehr in die Sichtbarkeit, wie es nötig wäre, um von Menschen mit hohem Stresslevel und kurzer Aufmerksamkeitsspanne wahrgenommen zu werden. 

Und damit setzen wir einen Teufelskreis in Gang, der es immer schwerer macht, angenommen zu werden und Erfolg zu haben. Was wiederum unser Selbstvertrauen und unsere Freude trübt.

Das Sich-Zeigen, in welcher Form auch immer: Videos produzieren, Workshops geben, Redner*innenbühnen erobern, es darf aus sich heraus Spaß machen. Dann springt der Funke auch über! Hier braucht es Selbstvertrauen, genügend Strategien auszuprobieren, um am Ende die individuell passende Herangehensweise zu finden.

Werde gefunden, wenn du gebraucht wirst, das ist unsere Grundidee. Lass auch du dich besser finden. Und suche nach Wegen, bei denen du dich gern zeigst und auch noch Spaß und Freude dabei hast!

Wir unterstützen dich dabei mit einem Zoomtag >Marketing für Mediator:innen< gerne punktuell ebenso wie langfristig in unserem Mentoringprogramm für Mediator:innen

Wenn du uns erst einmal kennenlernen möchtest, dann buche hier dein kostenloses Perspektivgespräch, in dem wir herausfinden, ob wir zueinander passen.

PS. Wenn du mehr über Marketing für Mediation erfahren willst, dann meld dich für unseren Newsletter für Mediatoren an!

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