Zuvor hatten wir große Schwierigkeiten, sowohl gegenüber dem Arbeitgeber als auch gegenüber den Kolleginnen und Kollegen mit einer Stimme zu sprechen. Die Stimmung untereinander war schon ziemlich vergiftet.
Selbst konstruktive Beiträge wurden abgelehnt, nur weil sie von der „anderen Seite“ kamen. Es war einfach kein Vertrauen da.
Wir wollten einen Neuanfang, wir wollten uns wieder in die Augen schauen können. Dabei war es uns besonders wichtig, über die erlittenen Verletzungen zu sprechen und über das, was wir uns gegenseitig angetan haben.
Leicht war das nicht: Eine Mediation einige Zeit zuvor hatte nicht das gewünschte Ergebnis gebracht. Einige sagten, sie sei gescheitert, andere, wir hätten einfach weitermachen sollen.
Es war nicht einfach, alle von einem weiteren Mediationsversuch zu überzeugen, aber es hat sich gelohnt!
Ihr habt uns einen sicheren Raum gegeben. Wir konnten die Vergangenheit aufarbeiten, loslassen und abschließen.
Wir haben am eigenen Leib erfahren, wie wertvoll es ist, verletzlich und offen für Kritik zu sein. So wurde uns allen bewusst, wie unser eigenes Verhalten den anderen verletzen kann - eine sehr lehrreiche Erfahrung für uns alle.
Im Laufe der Mediation, nachdem wir endlich offen miteinander umgegangen waren, stellte sich heraus, dass viele Handlungen auf Missverständnissen und Fehlinterpretationen beruhten, was uns sehr nachdenklich stimmte.
Das hat meiner Meinung nach letztendlich auch die notwendige Selbstreflexion ausgelöst:
Ich persönlich nehme mich seitdem als Person manchmal mehr zurück und frage mich mehr: Was ist das Beste für das Gremium? Ich denke noch mehr im Wir. Denn wenn wir das alle tun, dann hilft uns das als ganzes Gremium.
Im Nachhinein ist mir aufgefallen, wie wenig empathisch ich manchmal war, um nicht zu merken, was mein Festhalten an bestimmten Positionen bei anderen Kolleginnen und Kollegen im Gremium ausgelöst hat.
Mein Anspruch an mich selbst war damals schon ein anderer. Hilfreich war die Erkenntnis, wie engstirnig man (ich) im Konflikt werden kann und wie schwer es ist, alleine wieder herauszukommen.
Jetzt haben wir wieder Laufruhe im Betriebsrat und sind seit nunmehr 2 Jahren auf dem Weg einer guten und gemeinsamen Zusammenarbeit.
Damit sind WIR als Gremium und ich als Vorsitzender wieder handlungsfähig.
Heute treffen wir wieder gemeinsame Entscheidungen und leisten gute Arbeit für unsere Kolleginnen und Kollegen.
Wir sind auch heute nicht immer einer Meinung, aber wir hören einander zu. Wir tauschen uns aus und finden gemeinsam Lösungen, die von einer breiten Mehrheit getragen werden.